Eine Untersuchung des digitalen Impfnachweises hat ergeben, dass es bei der Umsetzung der Sicherheit einige schwerwiegende Versäumnisse gibt. Wer es darauf anlegt, kann Impfnachweise erstellen, ohne eine Impfung bekommen zu haben. Die Corona-Warn-App überprüft die Signaturen der digitalen Impfnachweise nicht, sodass sich jeder einen auf den ersten Blick echt aussehenden Nachweis erstellen kann. Es bestehen aber noch viel größere konzeptionelle Probleme: Relevante Daten aus dem gelben Impfpass, zum Beispiel die Chargennummer des Impfstoffs, werden bei der Erstellung weder überprüft noch in die digitalen Impfnachweise übernommen. Das macht eine spätere Prüfung unmöglich. Die Zugänge für Apotheken zur Erstellung der Impfnachweise sind zudem unsicher und einmal ausgestellte Impfnachweise lassen sich im Missbrauchsfall nicht widerrufen. Dabei mangelt es nicht an den technischen Grundlagen, sondern an der Umsetzung.
"Es entsteht der Eindruck, dass die Einführung des digitalen Impfnachweises vor allem ein Schnellschuss war. Eine schnelle Lösung vor Beginn der Ferienzeit präsentieren zu können war offenbar wichtiger als eine von Anfang an sichere Lösung", sagt Thomas Siebert, Head of Protection Technologies bei G DATA CyberDefense.
Apotheken, Arztpraxen und Impfzentren erstellen die Impfnachweise mit Hilfe einer Webseite. Der Zugang für dieses Portal ist lediglich mit einem Benutzernamen und einem Passwort gesichert, eine Mehrfaktor-Authentifizierung findet nicht statt. Schadprogramme, die auf das Abgreifen von Zugangsdaten spezialisiert sind, gehören seit Jahren zum Standard-Repertoire von Cyberkriminellen. Betrüger, die sich zum Beispiel die Anmeldedaten einer Apotheke widerrechtlich aneignen, können theoretisch das Portal nutzen, um nach Belieben Impfnachweise zu erstellen.